Begriff | Definition | ||||||||||||||
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Sachliche Gründe | Sachliche Gründe (werden auch als sachlich-proportionale Gründe bezeichnet) liegen für einen Widerruf einer Versorgungszusage vor, wenn sie auf willkürfreien, nachvollziehbaren und anerkennenswerten Erwägungen beruhen, die erkennen lassen, welche Umstände und Erwägungen zur Änderung der Versorgungszusage Anlass gegeben haben (BAG 10.03.2015 – 3 AZR 56/14, Rn. 77, lexetius.com 2015, 1169). Das Vertrauen der Arbeitnehmer in den Fortbestand der bisherigen Regelung darf nicht über Gebühr beeinträchtigt werden (BAG 10.09.2002 – 3 AZR 635/01, Rn. 29, lexetius.com 2002, 3213). Dazu zählt eine ungünstige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens oder eine Fehlentwicklung der betrieblichen Altersvorsorge. Die Rahmenbedingungen für Versorgungszusagen oder andere Faktoren müssen sich so verändert haben, dass ein Handlungsbedarf besteht, um die Finanzkraft des Unternehmens zu sichern. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten müssen nicht das Ausmaß eines triftigen Grundes erreichen. Weder eine langfristige Substanzgefährdung des Unternehmens noch eine dauerhafte unzureichende Eigenkapitalverzinsung ist erforderlich.[1] Es bedarf weder der sachverständigen Feststellung einer insolvenznahen Notlage noch eines ausgewogenen Sanierungskonzepts. Ebenso müssen Maßnahmen zur Kosteneinsparung nicht ausgeschöpft sein, bevor Eingriffe in künftige Zuwächse zulässig sind.[2] Sachliche Gründe für einen Widerruf einer Versorgungszusage können z. B. sein:
Will der Arbeitgeber eine Versorgungszusage widerrufen, dann reicht ein allgemeiner Hinweis auf wirtschaftliche Schwierigkeiten nicht aus, um den Eingriff in noch nicht erdiente Zuwächse zu rechtfertigen. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind im Einzelnen darzulegen. [3]Es sind geeignete Unterlagen und Berechnungen vorzulegen. Andere Sanierungsmöglichkeiten müssen erwogen worden sein. Ihre Unterlassung ist plausibel zu erläutern. Maßnahmen, die auf den ersten Blick dem Sanierungszweck zuwiderlaufen, sind zu erklären, sie müssen einleuchtend sein. Der Arbeitgeber hat zu begründen, dass der Eingriff in die betriebliche Altersversorgung verhältnismäßig ist. Sämtliche Maßnahmen sind aufzuzeigen, die der Kosteneinsparung dienen. Der Eingriff in das betriebliche Versorgungswerk ist in ein nachvollziehbares Gesamtkonzept einzupassen, das der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage dient. Stellt ein Sachverständiger einen dringenden Sanierungsbedarf fest, ist davon auszugehen, dass sachlich Gründe vorliegen, die die Annahme willkürlichen Verhaltens ausschließen. Liegen sachliche Gründe für einen Widerruf vor, kann in Betriebsrenten und in unverfallbare Anwartschaften ausgeschiedener Arbeitnehmer nicht eingegriffen werden. Betriebsrentner, Bezieher von Hinterbliebenenversorgung und die unverfallbaren Versorgungsanwartschaften ausgeschiedener Arbeitnehmer sind gegen Verschlechterungen am stärksten geschützt (Besitzstandswahrung),[4] weil es sich hier um feststehende Leistungen oder Anwartschaften und nicht um künftige Zuwächse von Anwartschaften handelt.
[1] BAG 16.02.2010 – 3 AZR 181/08, Rn. 61, BAGE 133, 181 [2] BAG 19.04.2005 – 3 AZR 468/04, lexetius.com 2005,1193 [3] BAG 02.09.2014 – 3 AZR 951/12, Rn. 54 f., lexetius.com 2014, 3519 [4] BAG 16.03.1966 – GS 1/55, AP Nr. 1 zu § 57 BetrVG
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Synonyme:
Sachliche Gründe |