Begriff | Definition |
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Überversorgung | Eine Überversorgung liegt bei einer betrieblichen Altersversorgung vor, wenn die gesamte Versorgung (gesetzliche Rente plus Betriebsrenten und anrechenbare Alterseinkommen) 100 Prozent des letzten Nettoeinkommens vergleichbarer Arbeitnehmer überschreitet (BAG 17.01.2012 – 3 AZR 555/09, Rn. 26 f., lexetius.com 2012, 1905). Bei dieser Berechnung dürfen die Teile des Alterseinkommens (Betriebsrente aus Entgeltumwandlung oder Eigenbeiträgen) nicht berücksichtigt werden, die auf Beiträgen des Arbeitnehmers beruhen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegt eine Überversorgung vor, wenn die Gesamtversorgung (gesetzliche Rente plus Betriebsrente und anrechenbare Alterseinkommen) höher als 75 Prozent des letzten Brutto-Arbeitseinkommens ist.[1] Bei dieser Entscheidung ging es um die Höhe der zulässigen steuerfreien Rückstellungen für den Arbeitgeber. Um Überversorgung zu vermeiden, sehen Versorgungsordnungen − insbesondere endgehaltsabhängige dynamische Versorgungszusagen – Höchstbegrenzungsklauseln vor (z. B. 70 Prozent des versorgungsfähigen Einkommens). Durch die reallohnbezogene Obergrenze soll eine planwidrige Überversorgung vermieden werden. Zu unterscheiden ist zwischen einer absoluten und relativen Überversorgung. Eine absoluteÜberversorgung[2] liegt vor, wenn die Nettobeträge der gesetzlichen Rente und der Betriebsrente 100 Prozent des letzten durchschnittlichen Nettoarbeitseinkommens übersteigen. Dabei ist das letzte Nettoeinkommen an die Lohn- und Gehaltsentwicklung im Unternehmen anzupassen. Ist eine planwidrige Überversorgung eingetreten, so löst diese ein Anpassungsrecht (teilweises Widerrufsrecht) des Arbeitgebers wegen ðStörung der Geschäftsgrundlage aus.[3] Eine relative Überversorgung liegt vor,[4] wenn die Versorgungszusage ein unter 100 Prozent liegendes Versorgungsziel hatte und dieses Ziel im Laufe der Zeit durch Veränderung der Abgabenlast wesentlich übertroffen wird. Beabsichtigt der Arbeitgeber eine Versorgungszusage wegen einer planwidrigen Überversorgung abzusenken oder neu zu begrenzen, dann ist die Neufassung der Versorgungsordnung mitbestimmungspflichtig, wenn der Verteilungsplan geändert werden muss. Betriebs- oder Personalräte müssen sich mit dem Arbeitgeber zuerst darüber einigen, nach welchen Kriterien die behauptete Überversorgung zu berechnen ist. Die Kriterien müssen objektiv und sachgemäß sein, damit sie einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Liegt eine systemwidrige und unvorhersehbare Überversorgung vor, kann der Arbeitgeber die Versorgungszusagen wegen Störung der Geschäftsgrundlage anpassen. Der Widerruf aufgrund eines Anpassungsrechts wegen einer Überversorgung, berechtigt den Arbeitgeber nicht, die Versorgungszusage umzustrukturieren oder veränderte Gerechtigkeitsvorstellungen zu verwirklichen.[5] Durch die Anpassung darf zwar die Gesamtversorgungsobergrenze an die zwischenzeitliche Abgabenlast (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) angepasst werden. Sie muss sich aber an die ursprüngliche Geschäftsgrundlage halten, das heißt, es ist nur möglich, das ursprüngliche Versorgungsziel wiederherzustellen. Abbau einer Überversorgung: Eine nachträglich eingetretene planwidrige Überversorgungkann wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vom Arbeitgeber – z. B. durch Widerruf − abgebaut werden.[6] Allerdings muss sich der Widerruf darauf beschränken, das ursprüngliche Versorgungsziel wieder herzustellen. Die Versorgung darf dadurch weder umstrukturiert noch an veränderte Gerechtigkeitsvorstellungen angepasst werden.[7] Absolute Überversorgung: Eine absolute Überversorgung liegt vor, wenn z. B. die Nettobeträge einer ð Gesamtversorgung (Rente plus Betriebsrente) nach Abzug der gesetzlichen Abgaben (Lohnsteuer, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) das Netto-Erwerbseinkommen vor Rentenbeginn übersteigt, also höher als 100 Prozent des letzten Nettoeinkommens ist.[8] Ist dies der Fall, dann ist die Geschäftsgrundlage gestört. Der Arbeitgeber kann nur die ursprüngliche Versorgungszusage wiederherstellen. Wird eine Versorgungszusage wegen Störung der Geschäftsgrundlage widerrufen, dann darf sie weder grundlegend umstrukturiert noch an veränderte Gerechtigkeitsvorstellungen angepasst werden.[9] Muss nach dem Widerruf der Leistungsplan geändert werden, ist der Betriebsrat (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) daran zu beteiligen.[10]
[1] BFH 27.03.2012 – I R 56/11, BFHE 237, 74 [2] BAG 09.07.1985 – 3 AZR 546/82, AP Nr. 6 zu § 1 BetrVG Ablösung [3] BAG 17.01.2012 – 3 AZR 555/09, Rn. 23 ff., lexetuis.com 2012, 1905 [4] BAG 17.01.2012 – 3 AZR 555/09, Rn. 27, lexetuis.com 2012, 1905 [5] BAG 17.01.2012 – 3 AZR 555/09, Rn. 41, lexetuis.com 2012, 1905 [6] BAG 17.01.2012 – 3 AZR 555/09, Rn. 19, lexetuis.com 2012, 1905 [7] BAG 17.01.2012 – 3 AZR 555/09, Rn. 41 f., lexetius.com 2012, 1905 [8] BAG 09.07.1985 – 3 AZR 546/82, AP Nr. 6 zu § 1 BetrAVG Ablösung [9] BAG 17.01.2012 – 3 AZR 555/09, Rn. 19, lexetuis.com 2012, 1905 [10] BAG 29.01.2008 – 3 AZR 42/06, Rn. 27, AP Nr. 13 zu § 87 BetrVG 1972t
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