Was sind Entgeltpunkte?
Entgeltpunkte sind eine zentrale Größe in der deutschen Rentenversicherung und spielen eine entscheidende Rolle bei der Berechnung der späteren Rente. Was später an Rente herauskommt, hängt in erster Linie von der Höhe ihres beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelts im gesamten Erwerbsleben ab. An dieser Stelle der Hinweis auf einen weitverbreiteten Irrtum: die letzten 15 Jahre zählen nicht anders als die vorigen Beitragsjahre. Oft ist es allerdings so, dass ältere Beschäftigte höhere Einkommen haben und daher mehr Entgeltpunkte erhalten.
Im Grunde genommen werden Entgeltpunkte durch das Verhältnis des individuellen beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelts eines Versicherten zum durchschnittlichen Bruttoentgelt aller Rentenversicherten des jeweiligen Jahres bestimmt. Ein Versicherter erhält einen Entgeltpunkt, wenn sein Verdienst genau dem Durchschnitt aller Versicherten entspricht.
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Angenommen, ein Arbeitnehmer verdient im Jahr 2024 genau das durchschnittliche Bruttoentgelt aller Versicherten. Dies entspricht einem Entgeltpunkt. Verdient er weniger als den Durchschnitt, erhält er entsprechend weniger Entgeltpunkte.
Sie verdienen 2024 monatlich genau 3.300 Euro brutto und erhalten ein 13. Monatsgehalt in gleicher Höhe. Damit beträgt Ihr beitragspflichtiges Bruttoentgelt in diesem Jahr 42.900 Euro. 2024 liegt das Durchschnittsentgelt aller Rentenversicherten bei 45.358 Euro. Das ist ein vorläufiger Wert, der später aufgrund der tatsächlichen Entwicklung der Einkommen leicht angepasst wird. Ihr Entgelt liegt damit unter dem Durchschnittsentgelt. Es beträgt genau (42.900 / 45.358=) 94,58 Prozent hiervon. Das bedeutet: Im Jahr 2024 erwerben Sie damit 0,9458 Entgeltpunkte.
Diese Entgeltpunkte werden im Laufe des Erwerbslebens addiert. Je mehr Entgeltpunkte ein(e) Versicherte(r) ansammelt, desto höher fällt die spätere Rente aus. Ein Entgeltpunkt ist dabei einen bestimmten Geldbetrag wert, der als „aktueller Rentenwert“ bezeichnet wird. Aktuell liegt dieser Wert bei 37,60 Euro pro Entgeltpunkt.
Die Höhe der Rente hängt somit von der Anzahl der erworbenen Entgeltpunkte ab. Die Deutsche Rentenversicherung informiert Versicherte (ab dem 27. Lebensjahr mit mind. 5 Beitragsjahren) jährlich über die Anzahl ihrer bisher erworbenen Entgeltpunkte in der Renteninformation. Dies gibt den Versicherten eine Vorstellung davon, wie hoch ihre spätere Rente voraussichtlich sein wird, basierend auf den bisherigen Einzahlungen und erworbenen Entgeltpunkten.
Wofür erhält man Entgeltpunkte?
Entgeltpunkte werden nicht nur für Zeiten einer beitragspflichtigen Beschäftigung als Arbeitnehmer*in gutgeschrieben, sondern auch für verschiedene andere Lebenssituationen, die einen Beitrag zur Gesellschaft und zur Familie leisten. Dazu gehören:
- Kindererziehung: Für die Erziehung von Kindern werden Entgeltpunkte auf dem Rentenkonto gutgeschrieben. Diese Zeit wird als Rentenbeitragszeit angerechnet, auch wenn während dieser Zeit keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt werden.
- Pflege eines Familienmitglieds: Wenn Sie ein Familienmitglied mit Pflegegrad 2 oder höher pflegen und dafür mindestens 10 Stunden pro Woche an mindestens 2 Tagen aufwenden, werden Ihnen ebenfalls Entgeltpunkte auf Ihrem Rentenkonto gutgeschrieben.
- Bezug von Entgeltersatzleistungen: Entgeltersatzleistungen wie Krankengeld oder Arbeitslosengeld I können ebenfalls zu Entgeltpunkten führen und somit Ihre Rentenansprüche erhöhen. (ALG II bzw. Bürgergeld zählen nicht dazu)
- Bundesfreiwilligendienst: Auch Zeiten des Bundesfreiwilligendienstes, früher auch Wehr- und Zivildienst, können als Rentenbeitragszeit angerechnet werden und somit zu Entgeltpunkten führen.
- Freiwillige Beiträge: Wenn Sie freiwillige Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung entrichten, können diese ebenfalls zu Entgeltpunkten führen und Ihre Rentenansprüche erhöhen. Diese Möglichkeit steht Ihnen insbesondere offen, wenn Sie nicht pflichtversichert sind oder ab Ihrem 50. Geburtstag Zahlungen zum Ausgleich einer Rentenminderung bei vorzeitigem Renteneintritt leisten möchten.
Es ist wichtig, regelmäßig zu überprüfen, ob die oben genannten Zeiten korrekt auf Ihrem Rentenkonto registriert sind, um sicherzustellen, dass Ihnen alle Ihnen zustehenden Entgeltpunkte gutgeschrieben werden und Ihre Rentenansprüche entsprechend berücksichtigt werden. Auch hier bietet die Renteninformation, die von der Deutschen Rentenversicherung jährlich verschickt wird, eine gute Orientierung.
Ausbildungszeiten
Rentenansprüche können sich durch die Aufwertung von betrieblichen Ausbildungszeiten erhöhen. Da Auszubildende in der Regel ein niedriges Einkommen erzielen und dementsprechend niedrige Rentenbeiträge zahlen, werden bis zu drei Ausbildungsjahre in der Regel höherbewertet (36 Monate).
Nachgewiesene betriebliche Ausbildungszeiten, jedoch keine Schul- oder Studienzeiten, werden bei der Rentenberechnung in der Regel auf maximal 75 Prozent des Durchschnittsverdiensts aller Versicherten aufgewertet.
Auch hier ein Beispiel: Eine Auszubildende verdient monatlich 850 Euro, was einem Jahresverdienst von 10.200 Euro entspricht. Das Durchschnittsentgelt aller Rentenversicherten beträgt 45.358 Euro. Das Azubi-Entgelt würde somit nur 0,22 Entgeltpunkte bringen. Eine Höherbewertung um 0,53 Entgeltpunkte auf 0,75 Entgeltpunkte ist jedoch möglich.
Durch die Höherbewertung der Ausbildungszeit kann ein Jahr Ausbildung für die Rente fast dreieinhalb Mal so viel wert sein. Drei Jahre Ausbildungszeit könnten in diesem Fall mit einem Rentenplus von rund 1,5 Entgeltpunkten aufgewertet werden.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Höherbewertung nur unter der Voraussetzung erfolgt, dass die versicherungspflichtigen Einkünfte im gesamten Arbeitsleben durchschnittlich mindestens 75 Prozent der Einkünfte aller Versicherten betragen. Andernfalls ist die Höherbewertung durch den niedrigeren individuellen Wert begrenzt.
Auszubildende sollten sicherstellen, dass ihre Ausbildungszeiten korrekt auf dem Rentenkonto verzeichnet sind. Sollte dies nicht der Fall sein, kann eine Korrektur des Rentenkontos beantragt werden, indem der frühere Ausbildungsvertrag vorgelegt wird. Eine Höherbewertung der Ausbildungszeiten erfolgt dann automatisch, sofern Anspruch darauf besteht.